Der OP ist ein Hochdruckumfeld – wer hier arbeitet, muss einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn um einen herum der Sturm tobt. Wer könnte das besser als jemand, der aus einem anderen Extremszenario kommt? Meine Jahre als Notfallsanitätsunteroffizier im Bundesheer haben mir unzählige Lektionen darüber beigebracht, wie man unter Druck ruhig bleibt, die Kontrolle behält und präzise arbeitet. Diese Techniken lassen sich nahtlos auf die Arbeit im Operationssaal übertragen – und genau das möchte ich heute mit dir teilen.
Lass uns gemeinsam erkunden, wie du mit militärischen Stressbewältigungsstrategien in deinem OP-Alltag fokussiert, gelassen und effizient bleibst!
- 1. Der Kopf bleibt oben: Situationsbewusstsein bewahren
- 2. Der „Taktische Atem“: Die Power von kontrollierter Atmung
- 3. Drill, Drill, Drill: Warum Vorbereitung alles ist
- 4. Mentale „Checklists“ nutzen: Reduziere Stress durch klare Abläufe
- 5. Die Kunst der klaren Kommunikation: „Kürzer, klarer, präziser“
- 6. Stresslevel in den Pausen aktiv senken: Regeneration wie ein Soldat
- 7. „Keep it simple“ – Der Schlüssel zur Stresskontrolle
- 8. Sport als Ausgleich: Körperliche Fitness für mentale Stärke
- Fazit: Stärke dich selbst – denn der OP ist dein Einsatzgebiet
1. Der Kopf bleibt oben: Situationsbewusstsein bewahren
Im Militär bedeutet „den Kopf oben behalten“ nicht nur, sich physisch aufrecht zu halten, sondern vor allem mental wachsam zu bleiben. Das Situationsbewusstsein („Situational Awareness“) ist eine der wichtigsten Fähigkeiten in Stresssituationen.
Wie du das im OP anwendest:
- Ständig scannen: Halte deine Umgebung im Blick, nicht nur deinen aktuellen Arbeitsbereich. Was macht die Anästhesie? Wo stehen die Instrumente? Was tut der Operateur?
- Antizipiere den nächsten Schritt: Frage dich ständig: Was passiert als Nächstes? Wo kann ich unterstützen?
- Kommunikation als Waffe: Sag laut, wenn du etwas Ungewöhnliches bemerkst. Im OP kann eine klare, frühzeitige Kommunikation Leben retten.
Praxisbeispiel: Wenn du merkst, dass ein bestimmtes Instrument bald benötigt wird, kannst du es rechtzeitig bereitlegen oder es sogar schon anbieten, bevor es gefordert wird. Das verhindert unnötige Verzögerungen und zeigt, dass du die Situation voll im Griff hast.
Merke: Wer unter Druck den Überblick behält, ist einen Schritt voraus.
2. Der „Taktische Atem“: Die Power von kontrollierter Atmung
Unter Beschuss gerät der Körper in den Kampf-oder-Flucht-Modus: Herzrasen, Tunnelblick, feuchte Hände. Im OP kann es ähnlich sein – wenn der Blutdruck eines Patienten plötzlich absackt oder eine unvorhergesehene Komplikation eintritt.
Die militärische Lösung: Der taktische Atem
- Atme vier Sekunden durch die Nase ein.
- Halte den Atem vier Sekunden.
- Atme vier Sekunden durch den Mund aus.
- Halte vier Sekunden.
- Wiederhole das drei bis fünf Mal.
OP-Umsetzung:
- Vor dem Betreten des OPs als mentale Vorbereitung.
- Bei unerwarteten Zwischenfällen, um einen klaren Kopf zu bewahren.
- Vor schwierigen Aufgaben wie dem ersten sterilen Abdecken oder der ersten Instrumentenübergabe unter Stress.
Warum das funktioniert: Diese Technik aktiviert den Parasympathikus – das Bremssystem unseres Körpers – und verhindert Panik.
3. Drill, Drill, Drill: Warum Vorbereitung alles ist
„Train as you fight“ – ein Mantra, das ich sehr oft gehört habe. Beim Bundesheer gibt es für jede nur erdenkliche Gefahrensituation ein Szenario-Training, das immer und immer wieder durchlaufen und trainiert wird.
Warum das im OP genauso wichtig ist:
- Jedes Teammitglied sollte genau wissen, wo was liegt, ohne nachdenken zu müssen.
- Notfallsituationen (z. B. plötzlicher Blutdruckabfall, Herzstillstand im OP) müssen automatisiert ablaufen.
- Instrumentierabläufe sollten so in Fleisch und Blut übergehen, dass du unter Druck keine Sekunde zögerst.
Übung macht den OP-Meister: Wiederhole Instrumentenreichfolgen, trainiere das korrekte Handling von OP-Instrumenten und entwickle eine Routine für unvorhergesehene Situationen.
4. Mentale „Checklists“ nutzen: Reduziere Stress durch klare Abläufe
Kampfpiloten und Eliteeinheiten (wie das Jagdkommando oder das Jägerbataillon 25) arbeiten mit Checklisten – IMMER! Selbst für Handgriffe, die sie bereits hunderte Male durchgeführt haben. Warum? Weil Stress das Denkvermögen einschränkt und Fehler passieren können. Diese Checklisten helfen dabei, auch in stressigen Situationen richtig zu handeln.
Anwendbar im OP:
- Entwickle eine mentale OP-Checkliste:
- Patientenlagerung korrekt?
- Alle benötigten Instrumente am Tisch?
- Elektrochirurgiegerät gecheckt?
- Nutze Merksätze für Abläufe, z. B. für das richtige Anreichen von Klemmen oder Nähten.
Der Vorteil? Eine strukturierte Denkweise gibt dir in Stresssituationen Sicherheit.
5. Die Kunst der klaren Kommunikation: „Kürzer, klarer, präziser“
Im Militär gibt es klare Regeln für die Kommunikation: kurze, eindeutige Anweisungen und direkte Rückmeldungen. Wenn ein Offizier „Feuer frei“ sagt, gibt es keine Diskussion. Im OP kann unklare Kommunikation zu Verzögerungen und Fehlern führen.
Kommunikation im OP verbessern:
- Kurze, klare Anweisungen nutzen („Schere! Nicht schneidend!“ statt „Gib mir mal die Schere da drüben“).
- Rückmeldung geben: Diese Technik kann je nach Chirurg unterschiedlich ankommen. Einige schätzen es, wenn Anweisungen wiederholt werden, um Fehler zu vermeiden. Andere empfinden es als irritierend und fragen sich, ob der OTA die Anweisung nicht verstanden hat.
- Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es hilft, den Chirurgen im Vorfeld über diese Technik aufzuklären. Da ich eine militärische Ausbildung habe, erkläre ich meine Vorgehensweise offen, was bei manchen Chirurgen sehr gut ankommt.
- Wenn ein Chirurg diese Methode nicht mag, passe ich mich an und wiederhole die Anweisung nur in Gedanken, bleibe aber trotzdem meiner Technik treu.
- Nicht herumdrucksen: Wenn du etwas nicht weißt oder unsicher bist, sprich es sofort an – das rettet Leben!
Praxisbeispiel: Ein Chirurg fordert „Schere!“ und du wiederholst „Schere, verstanden!“. Falls er das nicht mag, kannst du innerlich bestätigen, dass du es gehört hast, aber auf die explizite Wiederholung verzichten. So hältst du dich an dein Konzept, ohne Unmut zu erzeugen.
6. Stresslevel in den Pausen aktiv senken: Regeneration wie ein Soldat
Im Feld kommt es darauf an, sich in Sekunden auf- und abzuregen. Ein Soldat, der ständig unter Spannung steht, wird ausbrennen. Gleiches gilt im OP.
Was du in deinen OP-Pausen tun kannst:
- Mikropausen nutzen: Drei tiefe Atemzüge, bewusstes Dehnen, Augen kurz schließen.
- Power-Naps: Wenn möglich, ein paar Minuten dösen – das erhöht die kognitive Leistungsfähigkeit.
- Bewegung statt Handyscrollen: Ein kurzer Gang um den Block entspannt mehr als Instagram oder TikTok. 😉
Der beste OP-Mitarbeiter ist nicht derjenige, der sich ständig opfert – sondern derjenige, der nachhaltig leistungsfähig bleibt.
7. „Keep it simple“ – Der Schlüssel zur Stresskontrolle
Im Militär gibt es eine goldene Regel: KISS – Keep It Simple, Stupid. Wenn die Dinge hektisch werden, halte Abläufe so einfach wie möglich.
Wie du das im OP umsetzt:
- Mach dir keine unnötigen Gedanken über Perfektion – Perfektion kommt durch Routine.
- Arbeite mit klaren Strukturen: Ordnung auf dem Tisch = Ordnung im Kopf.
- Vertraue auf das, was du geübt hast – und improvisiere nur, wenn es wirklich sein muss.
Merke: Komplexität tötet Effizienz. Ein klarer Plan reduziert Stress.
8. Sport als Ausgleich: Körperliche Fitness für mentale Stärke
Regelmäßiger Ausgleichssport kann helfen, Stresshormone abzubauen und die mentale Belastbarkeit zu steigern. Wer körperlich fit ist, bleibt auch mental belastbarer.
Welche Sportarten eignen sich für OTAs?
- Laufen & Ausdauertraining: Fördert die Stressresistenz und verbessert die Durchblutung, was die Konzentration steigert.
- Krafttraining: Baut physische und mentale Stärke auf – ein stabiler Körper hilft bei langen OP-Stunden.
- Yoga & Meditation: Unterstützt das bewusste Atmen und reduziert innere Anspannung.
- Kampfsport & Boxen: Perfekt, um Stress abzubauen und Selbstdisziplin zu trainieren.
Praxisbeispiel: Nach einer stressigen Schicht hilft eine Runde Joggen oder ein intensives Krafttraining, um den Kopf frei zu bekommen und Anspannungen zu lösen.
Fazit: Stärke dich selbst – denn der OP ist dein Einsatzgebiet
Der Operationssaal ist nicht weniger fordernd als eine militärische Mission. Jede OP ist eine neue Herausforderung, die Wachsamkeit, Disziplin und mentale Stärke erfordert.
Durch das Übertragen bewährter militärischer Techniken kannst du:
✅ Ruhig bleiben unter Druck
✅ Schnell und präzise handeln
✅ Deine mentale Belastbarkeit erhöhen
Nutze Situationsbewusstsein, taktische Atmung, klare Kommunikation, mentale Checklisten und gezielte Erholung, um zu einem noch besseren OTA zu werden!
👉 Welche Techniken nutzt du, um im OP einen kühlen Kopf zu bewahren? Schreib es in die Kommentare! 💬🔪💪
Euer Alfred
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